Schickes aus Schwaben: Schacht Ulm Travegon 2.8 35, Travenar 2.8 50 und Travenar 3.5 135

Dieses Trio repräsentiert das Schönste von Schacht, also dem Objektivbauer Albert Schacht aus Ulm. Diese Serie im Zebra-Design der späten 1960er-Jahre ist sozusagen der Schwanengesang der Tüftler aus Schwaben, denn 1970 wurde die Produktion eingestellt. Konstruiert hat sie, wie alle Schacht-Objektive, der große Ludwig Bertele, der Vater des legendären Sonnar 4 135 von Carl Zeiss Jena.

Diese drei Objektive haben etwas ganz Spezielles: die in meinen Augen hübscheste mechanische Schärfentiefe-Anzeige aller Objektive überhaupt. Beim Schließen der Blende schieben sich zwei rote Balken vor weißem Hintergrund auseinander und signalisieren damit die Veränderung des Schärfebereichs. Ein feinmechanischer Leckerbissen (und fürs Fotografieren natürlich herrlich unnötig). Außerdem gibt es bei diesen Objektiven einen Umschalter von manueller auf Automatikblende, was durch die Buchstaben A und M auf rotem Grund in einem kleinen Fenster angezeigt wird. Sowie einen Extraanschluss für einen separaten Drahtauslöser. Die Schwaben waren ja schon immer Perfektionisten…

Das Travegon 2.8 35 war das leistungsstärkste Weitwinkel von Schacht und mit sieben Linsen das aufwendigste. Der Sonnenuntergang im Hohen Venn (siehe unten) ist mit einem Travegon 2.8 35 abgerestlichtet worden – ich finde die Schärfe super.

„This lens (…) is a gem. In the lovely zebra livery of the era, it features the depth of field window that slides red indicators outward as the the aperture closes. A nifty feature. I was amazed at the sharpness of this lens. Even wide open it is VERY sharp.“
http://forum.mflenses.com/a-schacht-ulm-s-travegon-35mm-2-8-r-on-a7ii-helical-adapter-t77543.html

Das Normalobjektiv Travenar 2.8 50, ein Vierlinser, ist eine klassische Tessar-Konstruktion. Das Travenar war jahrelang DAS Standardobjektiv an der Spiegelreflexkamera Edixa von Wirgin Wiesbaden, dem westdeutschen Gegenstück zur Praktica von Pentacon aus Dresden. Ein leistungsstarkes Standardobjektiv mit hoher Schärfe.

Das Schacht Ulm Travenar 3.5 135 schließlich konkurrierte mit so weltbekannten Objektiven wie dem Sonnar 3.5 135 von Carl Zeiss Jena und dem Tele-Xenar 3.5 135 von Schneider Kreuznach.

„Das 135 Travenar ist mein am meisten genutztes Tele, obwohl noch ein Zebra-Sonnar, ein Kawanon, ein Pentacon-Bokeh-Monster und eine Revuenon-Optik vorhanden sind. Das geringe Gewicht, die Handlichkeit, insbesondere mit der Preset-Blendeneinstellung vorne am Objektiv, und die hervorragenden Bildergebnisse lassen mich sehr häufig dazu greifen.“
http://www.digicamclub.de/showthread.php?t=8863

Beispielsfoto: Travegon 2.8 35

Osterbesuch

Kurzer Osterurlaub in den französischen Ardennen. Die Fotos und Namen auf den emaillierten Plaketten, die am Ehrenmal vor der Dorfkirche in Warnécourt an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs erinnern, sind längst verblasst. Aber immer noch rufen sie ins Gedächtnis, was für ein Wunder das vereinte Europa ist – nach den Millionen Toten der beiden Weltkriege und Jahrhunderten von vererbter Feindschaft.

Wenn man heute als deutscher Tourist an den Sandsteinfassaden in der Fußgängerzone der hübschen Kleinstadt Charleville-Mézières an der Maas entlangbummelt, darf man sich gerne noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass so etwas noch für die eigenen Großeltern undenkbar gewesen wäre. Dass ein freies und freundliches Europa alles andere als selbstverständlich ist. Dass wir nicht aufhören dürfen, dafür einzustehen, es zu leben und weiterzuentwickeln. Weil es im Moment von denselben Kräften bedroht wird, die es vor ein paar Jahrzehnten fast einmal vernichtet hätten.

Das war es auch schon mit der Osterpredigt. Danke für euer Verständnis.

Venncapismus

Karneval ist für Aachener – und Aachener Journalisten – sowas wie der heimlich-unheimliche Höhepunkt des Jahres. Er bedeutet Dauereinsatz, für die einen im Zoch und an der Kamellefront, für die anderen eine Flut Hunderter und Aberhunderter Bilder von Feiernden aus der ganzen Region.

Wer nach Fettdonnerstag, Karnevalssonntag und Rosenmontag vom akustischen und optischen Trubels mürbe geschossen ist, sehnt sich oft nach Ruhe und Einsamkeit. Und wo könnte man die im Dreiländereck besser finden als im Venn?

Vom Parkplatz Nahtsief aus, dem perfekten Ausgangspunkt für einen Gang durchs Moor, zog es mich diesmal nach Norden, wo es zwar weniger Teiche, aber etwas mehr landschaftliche Abwechslung gibt.

Von der ist allerdings an einem Schneetag deutlich weniger zu sehen als etwa im Frühling. Immerhin, man ist offenbar nicht das einzige Wesen hier draußen.

In der Kameratasche begleitete mich wieder Familie Schacht – also das Travegon 2.8 35 als Weitwinkel, das Travelon 1.8 50 als Standardlinse, das Travenar 2.8 90 als Porträtspezialist und das Travenar 3.5 135 als Tele (fünf Euro demjenigen, der glaubhaft erklären kann, warum der bayerische Objektivhersteler Albert Schacht seine Produkte nach einem Fluss benannt hat, der durch Lübeck fließt).

Aber, tja, so richtig zusammengewachsen sind wir noch nicht, die Schachts und ich. Das 90er-Travenar streikte mit offener Blende, vermutlich war das Schmierfett in der Kälte erstarrt. Und das 135er-Travenar kämpfte mit flauem Grau beziehungsweise grauer Fläue – vermutlich sitzt eine leichte Fungus- oder Schmierschicht zwischen den Linsen.

Bei diesem Bild etwas musste ich später mit Photoshop den Kontrast ordentlich hochjazzen, damit das Bild halbwegs ansehnlich wurde. Immerhin, das 50er-Travelon lieferte wieder die solide Leistung ab (etwa beim Baumstumpf oben), die mir schon beim Besuch im Schaapskooi gefallen hat, siehe dort.

Die positive Überraschung war das 35er. Obwohl sich im Netz etliche wenig begeisterte Stimmen finden (vor allem, was die M42-Version mit der eher kleinen Austrittslinse angeht), zeichnete es abgeblendet mit Stativ sehr schön scharf.

Wenn nur das Herumgefummel mit dem Stativ nicht so lange dauern würde! Verdammt, die Sonne geht schon unter.

Wo geht’s nochmal zurück? Entenpfuhl? Parking Grenzweg? Ternell?

Macht nichts – irgendwann führten die vereisten Holzstege auf einen Wirtschaftsweg, der nicht nur mich zurück in Richtung Parkplatz brachte, sondern auch in den Genuss eines feinen Blicks auf einen herrlichen Wintersonnenuntergang. Und so endete die Flucht vor dem bunten Farbenspektakel des Karnevals – in einem bunten Farbenspektakel. Glücklicherweise allerdings: in völliger Stille.