Kollege Amien schaut in der Onlineredaktion vorbei, seine Olympus OM-D in der Hand, Modell E-M10. Ein hochinteressanter und bildschöner Vertreter der Micro-Four-Thirds-Klasse – mit der älteren Schwester E-M5 hatte ich im Verlauf meines nicht enden wollenden Kamerakaufmarathons im Sommer 2013 auch geliebäugelt. Am Ende wurde es, ich erwähnte es vielleicht schon einmal, ja Sonys Nex-6. Da werden die beiden Schnuckel doch gleich mal zum Vergleich nebeneinandergelegt.
Dafür, dass sie Konkurrenten in derselben Publikums- und Preisklasse sind (die Olympus OM-D E-M5 war vor zwei Jahren allerdings nochmal runde 200 Euro teurer, wenn ich mich recht erinnere), könnten diese beiden Systemkameras unterschiedlicher kaum sein. Die Olympus glänzt im klassischen Retro-Design der OM-Serie aus den 70er-Jahren – noch klarer kommt das bei der silber-schwarzen Variante zum Tragen – mit Sucheraufbau in Pentaprisma-Optik.
Sie setzt auf ein deutlich anderes Bedienkonzept: Ihr Gehäuse ist dicht besetzt mit Rändelrädchen und Mini-Tasten für diverse Funktionen. Die Sony-Designer verfolgten dagegen eine nüchtern-kantige, reduzierte Designlinie. Bei ihr muss man deshalb öfter mal ins – leider nicht allzu übersichtliche – Menü. Wer gerne „von Hand“ fotografiert, wird an den vielen manuellen Einstellmöglichkeiten der E-M10 jedenfalls seine helle Freude haben.
Bei der Olympus sitzt zudem der Stabilisator in der Kamera, ist also grundsätzlich verfügbar. Bei der Sony muss ihn das Objektiv mitbringen – was zur Folge hat, dass ich etwa mit dem abgebildeten Zeiss Touit gar keine Bildstabilisierung habe, weil der Objektivhersteller keine eingebaut hat. Dafür ist das kompakte Gehäuse der Nex, vor allem mit aufgesetztem Pancake-Objektiv, deutlich jackentaschenfreundlicher.
Was mir an der E-M10 sofort gefällt, ist der große Touchscreen. Einen Fokuspunkt per Fingertipp zu setzen, ist so viel einfacher, als ihn bei der Sony über die Flexible-Spot-Funktion mit dem Steuerrad in die richtige Bildschirmecke zu flippern. Es bleibt mir ein Rätsel, warum Sony seinem Oberklassenmodell – wie auch dem aktuellen Nex-6-Nachfolger Alpha 6000 – dieses in jedem Billig-Smartphone verbaute Ausstattungsmerkmal vorenthält, während die Einsteigerklasse von Nex-5 und Alpha 5000 es seit Jahren an Bord hat. Ein Touchscreen würde auch die Bedienung des Menüs enorm vereinfachen, ganz zu schweigen vom Eintippen der Bildbeschriftungen bei der Direkt-Upload-Funktion von Bildern zu Facebook oder Flickr. Die ich im übrigen aus genau diesem Grund auch nur zweimal genutzt habe: zum ersten und zum letzten Mal.
Gemeinsam ist beiden Kameras die Auflösung des Sensors mit rund 16 Megapixeln. Der MFT-Chip der Olympus ist dabei allerdings 17,3 x 13 Millimeter groß, der APS-C-Sensor der Sony hat 23,5 x 15,6 Millimeter, so wie die meisten Spiegelreflexkameras. Für mich war das damals eines der ausschlaggebenden Kriterien, denn die Sensorgröße hat direkten Einfluss auf Lichtstärke und Bildqualität. Nicht, dass bei Vergleichsfotos im Netz die Olympus einen schlechteren Eindruck gemacht hätte.
Auch WLAN haben beide an Bord, sowie eine ganze Palette an Extrafunktionen für Spezialeffekte und Bildbearbeitung. Einen ganz großen Unterschied macht die Handhabung: Der schlanke Olympus-Body mit seiner schmalen Griffkante an der Vorderseite lässt sich zwar beim Fotografieren grundsätzlich gut halten. Bei längerem In-der-Hand-durch-die-Gegend-Tragen wäre das filigranere, knöpfchenübersäte Gehäuse für meine großen Hände aber zu fisselig. Vor allem mein Daumen findet kaum Ablagefläche (was natürlich auch eine Frage der Gewöhnung sein kann).
Der glatte Sony-Korpus mit seinem weit hervorstehenden Griff hält sich dagegen fast wie von allein und ist, auch mit etwas größeren und schwereren Objektiven, sehr angenehm ausbalanciert. Die Kamera hängt sich geradezu selbst an die Fingerspitzen meiner rechten Hand. Bei längeren Wanderungen habe ich das immer als überaus angenehm empfunden und darum auch bis heute nur eine Handschlaufe zur Sicherung angebracht.
Ein interessanter Vergleich also, auch wenn der Eindruck bei der Handvoll Minuten, die wir Zeit haben, natürlich ein arg oberflächlicher bleiben muss. Der Wunsch, meine Sony morgen bei Ebay einzustellen, kommt mir jedenfalls nicht – was auch gut ist, denn wer sich einmal für eine Kameramarke oder Klasse entschieden und Geld für Objektive ausgegeben hat, ist erst einmal festgenagelt.
Aber der kurze Blick auf die Konkurrenz zeigt mir doch, wie reizvoll die Alternativen zu meiner Wunschkamera sind. Und wie dicht die Spitzenmodelle einerseits beieinander liegen und doch so unterschiedlich sind. Sowie, zuguterletzt: Dass das nächtelange Grübeln vor zwei Jahren über ungezählten Kamerablogs, Fotomagazinen und Vergleichstabellen im Netz doch nicht in einer krassen Fehlentscheidung gemündet hat.
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