Nachdem mich der bedauernswerte Kadett Mitte März 1998 verlassen hat, muss der Moorbraune wieder ran. Am 27. März erfolgt die TÜV-Vollabnahme (die Frist war erst ein paar Tage vorher abgelaufen). Ein paar Kleinigkeiten sind fällig. Die „erheblichen Mängel“ sind bei näherem Hingucken allerdings nicht wirklich dramatisch: Abblendlicht, Fernlicht, AHK-Steckdose, Rost vorne (wahrscheinlich am Lufteinlass an den Kotflügeln unter der Stoßstange), Auspuff lose.
Die Sache hat sogar ihr Gutes: Mir fällt auf, dass die Auspuff-Haltegummis total im Eimer sind. Zwei fehlen ganz, einer ist bereits durchgerissen, der letzte schon sehr ausgefasert. Ganz vorsichtig schleiche ich zur Mercedes-Werkstatt und lasse gleich vor Ort alle erneuern – was erstaunlicherweise nur 18,- DM kostet. Die Investition sollte schon in fünf Monaten lohnen…
Nachdem der Wagen die TÜV-Wiedervorführung anstandslos überstanden hat, wird er am 9. April endlich wieder voll angemeldet (mit etwa 253.200 km). Er heißt jetzt OS-RX 71 und läuft erstmals auf Saisonkennzeichen. Nur so ist die mörderische Dieselstrafsteuer halbwegs zu ertragen.
Ein neuer Brief wird ausgestellt, vom alten bleibt mir nur eine Kopie. Schade!
8. Juni: Es ist mal wieder Zeit für einen Blitz! In Bramsche-Kalkriese auf der Landstraße rassele ich mit 90 km/h in eine Falle, wo 70 erlaubt sind. Mit 60,- DM sind wir dabei; für diesen Preis ist das Foto leider sehr klein:
Der Anlass war, glaube ich, die Präsentation von „Osnabrück InterAktiv“ bei einer Veranstaltung der Handwerkskammer im Besucherzentrum Kalkriese. Dreimal sind wir vom Kreativhaus aus dahin gefahren und haben Computer, Monitore und sonstiges Material hineingeschleppt – beim dritten Mal stand dann die Blitze an der Straße. Wer ahnt sowas.
Im Sommer wird das Colorglas eingebaut, vorne eine schöne Frontscheibe mit Grünkeil.
Ab Juli ziehe ich von Osnabrück nach Bielefeld, wo ich seit dem 1.7. arbeite. Der Benz zieht die Anhänger. Es ist ja nicht sein erster Umzug…
Am 7. August ist bei 263.000 km mal wieder ein neuer Stern fällig. Osnabrück ist also auch nicht sicherer als Glasgow
Ein paar Tage darauf: Der zweite Unfall: Auf einer Landstraße zwischen Dinklage und Holdorf (hinter Badbergen links) lande ich im Graben.
Ich bin auf der Rückfahrt von Oldenburg nach Bielefeld zur Arbeit. Beim Jagen eines Fünfer-BMWs gerate ich in einer Linkskurve rechts auf den Schotter am Straßenrand, der Wagen bricht nach links aus und pirouettiert mehrfach über die ganze Fahrbahn. Es ist ein furchtbares Erlebnis: 1,4 Tonnen Stahl machen, was sie wollen, und ich hilflos mittendrin – ein Scheißgefühl! „Alles aus“, denke ich, und der Wagen schlägt die Böschung runter.
War’s das jetzt? Ich klettere heraus. Dramatisch ragt das Heck auf die Straße hoch. Wie ein untergegangenes Schiff sieht der Wagen aus.
Was nun passiert, ist ein wenig gespenstisch.
Am nahegelegenen Bauernhof, wo ich um Hilfe klingele, öffnet mir eine Frau im Rollstuhl. In dem sitzt sie, wie sie mir erzählt, seit sie mit ihrem Wagen von der Straße abgekommen ist wegen eines illegalen Autorennens oder rücksichtslosen Überholens.
Sie klingelt einen Nachbarsjungen mit einem Schlepper herbei, der Benni aus dem Graben pullt (wofür ich ihm all mein Bargeld in die Hand, 70 Mark oder so). Der Junge erzählt mir, dass er erst vor ein paar Tagen seinen Wagen geschrottet hat, weil er auf der Landstraße eine Kurve nicht gekriegt hat.
Ich rufe meinen Chef an, um ihm zu sagen, dass etwas später wird. Er erzählt mir, dass unserem gemeinsamen Bekannten Martin P. am Wochenende was ganz Ähnliches passiert ist. Auf dem Weg von Bielefeld nach Osnabrück sei ein entgegenkommender Wagen ins Schleudern geraten und in das Auto hinter Martin gekracht. Es habe einen oder zwei Tote gegeben, Martin habe noch beim Aufräumen geholfen. Es soll nicht schön gewesen sein.
Ist das nicht unheimlich?
Die ersten drei Leute, die ich nach meinem Ausflug treffe, erzählen mir von Fällen, in denen es viel, viel schlimmer ausgegangen ist (Querschnittslähmung, Tod, Totalschaden). Ich glaube ja nicht an Zeichen, aber eins weiß ich: Ich habe unglaubliches Glück gehabt.
Unfassbar ist: Das Coupé scheint nicht mal Blechschäden abgekriegt zu haben! Nur zwischen einer Felge und ihrem Reifen klemmt Gras. Auch im Kofferraum finde ich später noch Halme…
Nachspiel:
Am 10. August (262.900 km): Auf der A 1 irgendwo in der Nähe der Dammer Berge ist ein bulgarischer LKW beim Überholen unglaublich laut und lichthupt auch noch, als ich an ihm vorbei bin. Ich schaue in den Rückspiegel: ein Funkenregen hinterm Wagen. Das Auspuff-Mittelrohr ist durchgebrochen! Der Auspuff schleift mit mehr als 100 Sachen über den Asphalt. Gut, dass ich erst vor viereinhalb Monaten die vier Haltegummis montiert habe. Und dass sie halten. Der ADAC kommt. Der Gelbe Engel schraubt ein provisorisches Halteblech drum. Wir können die Fahrt fortsetzen.
Am 1. Oktober wird der Wagen offiziell nach Bielefeld umgemeldet. Jetzt heißt er BI-YJ 727. Am 22. Oktober ist die Saison aber zu Ende. Winterpause!