Das Jahr 2015 wird für mich – neben reichlich anderen Dingen – das Jahr sein, in dem ich endlich gelernt habe, wie man eine Kamera bedient. Und nachdem das mit der Blende und der Belichtung endlich kein belgisches böhmisches Dorf mehr ist…
…kann man ja auch einmal etwas Interessanteres ausprobieren. Zum Beispiel eine Nachtexkursion der VHS Aachen zum Landschaftspark Duisburg-Nord (von den Einheimischen liebevoll „Lapadu“ oder „Landi“ genannt).
Wie die Wikipedia weiß, handelt es sich um ein stillgelegtes Hüttenwerk des Thyssen-Konzerns, das 1901 von der damaligen „Rheinische Stahlwerke zu Meiderich bei Ruhrort“ errichtet wurde. Die insgesamt fünf Hochöfen produzierten in ihren 84 Jahren 37 Millionen Tonnen Spezialroheisen – in der Regel als Vorprodukt für die Weiterverarbeitung in den Thyssen’schen Stahlwerken.
Freitags, am Wochenende und an Feiertagen werden die Anlagen nachts durch eine Beleuchtungsinstallation von Jonathan Park in science-fiction-hafte Szene gesetzt.
Nachdem der letzte von fünf Hochöfen 1985 stillgelegt und die Produktion verlagert wurde, wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Seit 1994 dürfen Besucher zwischen den riesenhaften Hallen, den Hochöfen und Kaminschloten spazieren, Bunkerwände hochklettern oder durch die diversen Gewässer stapfen.
Am Samstag waren es ein halbes Dutzend ambitionierter Aachener Hobbyfotografen, das sich vor den gigantischen Rohrleitungen aufbaute, im Dunkeln über Stativbeine stolperte, in Pfützen tappte und die Selbstauslöseautomatiken ihrer Kameras verfluchte.
Dozent Uwe Schmid erwies sich nicht nur als Kenner des Geländes (und seiner nassen Untiefen), sondern auch als Künstler des Lichts: Mit einem leistungsstarken Handstrahler, diversen Farbscheiben und noch ausgefeilteren Wedeltechniken tauchte er karge Betonwände, rostige Stahlträger und monströse Rohre in leuchtende Farben.
Dass der nächtliche Winterhimmel die Lichter der Großstadt Duisburg und der angrenzenden Stahl- und Industriewerksanlagen reflektierte, verstärkte den unwirklichen Effekt noch. Noch nie hatte ich bei einer Langzeitbelichtung solche Resultate.
Gut, es ist nicht alles so geworden wie erhofft. Das manuelle Canon-Weitwinkelobjektiv FD 20mm 2.8, der neueste (heißt: etwa 35 Jahre alte) Zugang in meiner mittlerweile stramm auf die 20er-Marke zumarschierenden Linsensammlung, überzeugte zwar mit prachtvoll flächiger Schärfe. Der eine oder andere Wassertropfen des herrschenden Nieselregens fand sich aber leider auf seiner Frontlinse wieder. Beim Objektivwechsel im Dunklen war das Herumgefummel mit dem – einzigen – Adapter zum Anflanschen an die Sony Nex-6 nervig, der Blendenmitnehmer blieb einmal auf Offenblende stehen. Der Kamerarucksack war ein weiteres Mal für einen zügigen Wechsel der Linsen völlig unraktisch.
Immerhin: Die zierliche Schnellkupplung für den Stativkopf, eine Cullmann Cross CX 420, bewährte sich glänzend. Endlich kann ich die Kamera mit einem einzigen Handgriff vom Stativ klipsen – und zum Beispiel in die Tasche stecken. Das ist ganz praktisch, wenn es zum Beispiel regnet. Was es denn auch leider tat. Der Rest der Truppe behalf sich mit Duschhauben, um die empfindliche Elektronik ihrer voluminösen Spiegelreflexen vor dem fallenden Nass zu schützen.
Nein, es klappte noch nicht alles reibungslos. Aber zwischen den stählernen Monstern von Duisburg am Jahresende hatte ich das Gefühl, dass sich doch ein bisschen was getan hatte seit den ersten vorsichtigen Versuchen im Frühjahr, den Punkt „intelligente Programmautomatik“ auf dem Einstellrad der Nex zu verlassen. Es ist ein Lichtschein am Horizont aufgetaucht. Heute war er blau.