Es ist weder so knackscharf wie das Canon FD 50/1.4, mit dem ich gestern das Fahrrad fotografiert habe. Noch hat es so einen leuchtend schönen Farbkontrast wie sein jüngerer Bruder, das Minolta MD 1.7/50, mit dem ich damals beim Thailänder den „Whow-Moment“ meines ersten Altglas-Fotos erlebt hatte. Und wenn irgendwelche Lichtquellen ins Bild strahlen, würfelt es Unmengen von bunten Sechsecken quer durchs Foto, weil die Vergütung seiner Gläser auf dem technischen Stand von vor einem halben Jahrhundert ist.
Das Minolta MC Rokkor-PF 1.4/58mm, vorgestellt 1968 (mehr dazu bei Artaphot.ch), ist bei voll geöffneter Blende arg flau und kontrastarm (die Fans nennen es „duftig“); man muss schon ordentlich runterblenden auf F5.6 oder gleich F8, damit halbwegs scharfe Bilder entstehen. Für Porträts dürfte diese Charakteristik noch brauchbar sein, ansonsten gibt es natürlich jede Menge besseres Glas im Regal. Warum ich für diesen Oldtimer gerade 50 Euro bezahlt habe? Warum ich ihm einen eigenen Blogbeitrag widme?
Es ist die Haptik. Dieses butterweiche Gleiten des Fokusses. Das leichte, präzise Klickern des Blendenrings. Schon das Abziehen der sanft, aber fest sitzenden Schutzkappe mit dem altmodischen Schriftzug ist ein Genuss. Da sind nur Metall und Glas in vollendeter Harmonie. Kein Plastik, kein Gummi, solche Materialien wagte ein aufstrebender Premiumhersteller vor einem halben Jahrhundert seinen Kunden nicht anzubieten. Dazu der so gut wie neuwertige Zustand – noch nie hat es mich so begeistert, an einem Objektiv herumzuspielen. So und nicht anders muss es sich anfühlen, ein Foto zu machen – Zeremonie statt Knipserei.
Das neue Alte ist ein bisschen zart, will ein bisschen liebevoll bedient sein, vielleicht auch im Ergebnis mit etwas mehr Nachsicht beurteilt. Manche mögen es eine eher schwache Linse nennen. Ich nenne es: duftig.