Genau einen Euro auf Ebay kostete diese fast makellos erhaltene Zeiss Ikon Contessa Matic aus der Zeit von 1960 bis -63. Belichtungsautomatik, gekuppelter Entfernungsmesser, gekuppelter Belichtungsmesser (beide funktionieren!), Leuchtrahmensucher mit eingespielter Belichtungsanzeige, Zeitauslöser, Filmmerkscheibe, Springkurbel, Prontor-SLK-Zentralverschluss mit zehn Zeiten (sogar die Sekunde scheint noch zu stimmen) und etliche andere Schnuckeligkeiten kennzeichnen diese Kompakte als Oberklassenmodell. Nur Ösen für einen Tragegurt sucht man vergeblich.
Auch wenn sie sich in ihrer schmucklosen Boxform mit den leicht abgerundeten Kanten und dem großem Querfenster für Entfernungsmesser, Sucher und Selen-Belichtungsmesser sowie dem vierlinsigen Tessar-Objektiv äußerlich wie innerlich kaum absetzt von ihren vielen damaligen westdeutschen Konkurrentinnen von Agfa, Adox, Balda, Dacora, Kodak, Regula, Voigtländer und wie sie alle hießen: ein kleines Schmuckstückchen. Erstaunlich, dass niemand sonst sie haben wollte. Und eine Originaltasche mit Tragegurt war auch noch dabei – anstelle der Ösen.
Aufgemerkt: Ein gutes Objektiv braucht eine gute Sonnenblende! Vertrauen auch Sie deshalb auf die bewährte Beda-Qualität! Denn:
„Die Beda-Sonnenblende ist die notwendige Ergänzung jeder Kamera, um bei allen Lichtverhältnissen gut ausgeglichene Bilder zu erhalten.
Malerisch reizvolle Stimmungen, wie auch überraschend lebenstreue Wirkungen werden oft gerade bei den früher meist gemiedenen Aufnahmen gegen das Licht erzielt. Zur Verhütung von Verschleierung oder Spiegelflecken werden die direkt ins Objektiv scheinenden Strahlen abgeblendet.
Bei reflektierenden Objekten im Vordergrunde, wie grell beleuchtete und nassglänzende Straßen, Wasser- oder Schneeflächen, sowie für Farbenbilder ist die Blende unentbehrlich.
Aber auch in allen anderen Fällen bewirkt die Beda-Sonnenblende eine Verbesserung jeder Aufnahme.“
Sagt der Beipackzettel in der originalen DDR-Pappschachtel mit Kantenheftung. Damit sich der Neuzugang aus dem Hause Beda auch gleich wie zu Hause fühlt, darf er einen Teil der Familie gleich mal persönlich kennenlernen.
Es lässt sich beim Ersteigern von alten Objektiven auf Ebay nicht vermeiden, dass hin und wieder noch eine alte Kamera dranhängt. Oft sind diese Kombinationen sogar günstiger, weil Objektivsammler nicht in die Kamera-Rubrik schauen. Die Gefahr dabei ist allerdings, frei nach Nietzsche: Wenn du dir die schwarzsilbernen Schönheiten aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu lange anschaust, schauen sie irgendwann in dich zurück. Und bringen dich dazu, in einen Drogeriemarkt zu gehen und dich – höflich und etwas vorsichtig, als frage man nach Gummiartikeln zur höchstspersönlichen Freizeitgestaltung – nach etwas zu erkundigen, was du seit etwa zwölf Jahren nicht mehr gekauft hast.
Filme, Sie wissen doch. Nein, keine DVDs, ich meine diese altmodischen Rollenfilme, die man früher in Kameras tat. Kennen Sie sowas gar nicht mehr? Haben Sie die noch?
Verschämt versteckt sich ein Dutzend kleiner Schachteln ganz außen in einer Ecke eines Regals – was für ein kümmerlicher Rest der einst so allgegenwärtigen Analogfotowelt. Ganze vier verschiedene Sorten gibt es noch, von 100, 200 und 400 ASA, dazu eine Schwarzweiß-Variante. Entwickelt wird der Spaß heutzutage für 3 Euro, Foto-CD inklusive.
So schnell verschwindet eine komplette, gut hundert Jahre alte Industrie samt ihren Fotoabgabetresen in jedem Supermarkt, den Großregalen mit Dutzenden von Filmsorten, Doppel, Fünffach- und Familienpackungen und dem ganzen Zubehör. Erinnert ihr euch an die Zettel, auf denen man ankreuzen musste, ob die Abzüge matt oder glänzend sein sollten? 9 mal 13 (billig, aber jämmerlich klein) oder 10 mal 15 (ausreichend groß, aber für einen kompletten Urlaub arg teuer). An die Umschläge mit den Negativstreifen, die immer in die falsche Reihenfolge gerieten?
Wie lange das her ist. Jetzt schaue ich etwas ratlos auf das Aufwickelröllchen im Gehäuse der Exa und weiß nicht mal mehr, wie man den Film dort einfädelt. Immerhin, ein Gutes hat das Digitalzeitalter: Dank Youtube, Fachforen und den Webseiten der Kamerafreaks und Bastler gibt es für jedes Modell ausführliche Anleitungen, Dokumentationen und Tutorials.
Also, Fotografie nach alter Väter Sitte: Ich war lange weg, aber jetzt bin ich wieder da. Schön, dass du auf mich gewartet hast. Kann losgehen jetzt. Äh, wie stellt man eigentlich die richtige Belichtung ein, so ohne Display?