Der Wind weht scharf, aber erträglich, als wir über den von Touristenfüßen plattgetretenen, überfrorenen und spiegelglatten Schnee mehr rutschen als stapfen. Hinter Baraque Michel führt der Wanderweg erst durch ein kleines Waldstück – und dann steht man schon im Venn.
Fast zwei Jahre ist es her, dass ich – allerdings ein paar Kilometer weiter, auf deutscher Seite – auf einem Spaziergang an dieser so ungewöhnlichen Landschaft trotz guter Kamera und ebensolchen Objektiven verzweifelte. Viel Himmel, viel Horizont, versprenkelte Bäume, in der Mitte der Weg. Was sollte man da fotografieren?
Heute weht ein anderer Wind. Wörtlich genommen. Ein Dutzend verschiedenster Fotokurse und noch deutlich mehr Objektive später fällt die Motivwahl nun etwas leichter. Da hätte es den großen Schwarm Kraniche gar nicht gebraucht, der über uns zurück nach Norden zog.
Eine eigenartige Landschaft ist das Venn. Riesenhaft leer und offen wirkt es und versperrt sich gleichzeitig mit seinem sumpfigen Boden der Eroberung durch den Besucher. Nur auf geradezu homöopathisch schmalen Pfaden lässt es sich erkunden.
Gerade einmal meterbreite Holzstege führen über die morastige Ebene. Die Warnung „Als het weer regenachtig is, zijn de houtstegen glibberig“ ist berechtigt. Wenn das Wetter dagegen eisig ist, sind die Planken nicht nur glibberig, sondern geradezu mörderisch glatt.
Schließlich führt der Weg wieder an einem Bach entlang in ein Waldstück, wo es vor lauter Bächlein regelrecht murmelt.
Das Fortkommen wird immer schwieriger. Der spiegelglatte Steg bietet kaum Halt und in den Planken klaffen große Lücken.
Das Geländer, wenn es denn eins gibt, ist höchlichst willkommen. Auch, wenn das rauhe Holz an den Handschuhen zupft.
Motive zum Fotografieren gibt es in diesem stillen Winterwald allerdings reichlich. Ich habe zwei Objektive für die Sony A7 II in der Tasche: mein sehr geschätztes Minolta MD 3.5 35-70 mm Zoom und die jüngste Neuerwerbung, ein MD 4 75-150 mm Zoom von 1981. Beide Brennweiten ergänzen sich sehr angenehm. Und beide überzeugen mit knackiger Schärfe und angenehmem Bokeh.
Zugegeben, das Wechseln der Objektive auf den ebenso schmalen wie glatten Holzstegen ist kein Vergnügen. Auch reicht die Zeit heute nicht, mit Stativ und langem Hin- und Herprobieren das perfekte Bild zu komponieren. Dafür ist es auch einfach zu zugig – also muss es zügig gehen.
Aber als uns der Weg schließlich wieder zurückführt, bin ich glücklich. Über den schönen Spaziergang – und das Gefühl, im Venn diesmal fotografisch nicht am Ende gewesen zu sein, sondern am Anfang.