Der Schmerz setzte mitten auf dem Bürgersteig ein. So muss es sich anfühlen, wenn man eine Rückenmarksspritze in die Lendenwirbel gesetzt bekommt und der Anästhesist just in dieser Bewegung an seinen Vermieter denken muss.
Der Verfasser dieser Zeilen zuckte erst, stockte dann und blieb Millisekunden später in einer komischen Bewegung eingefroren auf dem Gehweg stehen. Wie eine dieser bronzenen Sinnfiguren, mit denen weniger einfallsreiche Stadtväter ländlicher Kommunen ihre Dorfplätze zu verschönern gedenken – „Tauben fütternder Tattergreis“ etwa oder „Marktfrau mit Kiepe und Adipositas“. Aber bitte, lieber Künstler, nicht zu abstrakt. Man soll ja noch erkennen können, was es darstellt.
Ein halbwegs aufgeweckter Zuschauer hätte denn auch keinen Publikumsjoker bemühen müssen, um zu raten, dass der Amateurpantomime da in der morgendlichen Seitenstraße des Adalbertsteinwegs „Hexenschuss“ mimte.
Als das Aachener Ostviertel aufgehört hatte, sich um ihn zu drehen, nahm die menschliche Salzsäule all ihren Mut zusammen und setzte sich kirschend und ruckend wieder in Bewegung. Den Rest dieses und des folgenden Tages blieb ein höchst spezieller Gesichtsausdruck – von einem Kaubonbon die Plombe gezogen zu bekommen, um im Reich der Metaphern zu verweilen – der treue Begleiter unseres Autors.
Eine Blisterpackung Schmerztabletten aus der Apotheke in Kombination mit selbstbewusst bepreisten Wärmekissen zum Umschnallen versetzte ihn nach und nach wieder in die Lage, seiner Tätigkeit nachzukommen – und einen mehr oder weniger ambitionierten Text über das Erlebte zu verfassen.
Offen blieb die Frage: Was wollte ihm sein Körper damit sagen? „Bedenke, dass auch du sterblich bist“? Diese klassisch-römische Weisheit hatten ihm bereits Asterix & Obelix nahegebracht. Vielleicht war es einfach nur ein Wink, öfter mal innezuhalten. An den Blumen am Wegesrand zu schnuppern, wie es so schön heißt.
Wenn das die Absicht war, so ist sie gescheitert: Das letzte, was der Verfasser dieser Zeilen auf absehbare Zeit tun wird, ist, sich nach irgendwelchem Grünzeug auf dem Boden zu bücken.
[Geschrieben als „Gedanke des Tages“ für AmAbend.com, 4. Februar.]