Der erste Blick in die Mailbox am Morgen hat oft den ersten Lacher des Tages zu Folge. Da sind etwa die immer neuen Versuche von mehr oder minder seriösen Verkäufern pharmazeutischer Produkte, diese an den Mann zu bringen. Dicht gefolgt von Werbung für Online-Casinos – wie ist meine arme GMX-Adresse nur in einen Mailverteiler für Spielsüchtige geraten? Und dann ist da Frau Bauer.
Zugegeben, im Jahre 2008 noch einen Artikel über Spam-Mails zu schreiben, das ist nichts, was mir dieses Jahr den Konrad-Zuse-Preis für Onlinejournalismus einbringen wird. Aber manche Sachen muss man tun, auch wenn es einem niemand dankt. Also, was haben wir denn da im Ordner „Spamverdacht“?
Jemand namens „Gewinn“ schickt mir etwas, das „Wichtig“ ist. So wichtig, dass man mir nicht mehr verraten will. „Domina Ruth“ befiehlt mir, auf ihre Seite zu klicken. Nichts da, Madame. Ein Wesen namens „Kaleb Alamgir“ schreibt mit dem drohenden Betreff „Ihre Familie“. Jaja, deine auch, Kaleb. „Nadine“ fragt, ob ich Probleme im Bett habe? Ja, habe ich tatsächlich. Katzenhaare. Was kann man da machen?
„Sie haben Gewonnen“ teilt mir eine orthografisch nicht völlig sattelfeste Online-Poker-Seite mit. Leider konterkarieren die Autoren die glückverheißende Botschaft dadurch, dass sie ins Absenderfeld „Mahnung“ eingetragen haben – eigentlich ein beliebter Trick, um den Empfängern Angst einzujagen. Steigert jedoch in diesem Fall die Lesechancen der Mail ins Bodenlose.
Ein relativ neuer Trend sind deutsch klingende Absender (kleiner Hinweis für Technik-Laien: Die dort stehenden Namen haben in der Regel nichts mit den wirklichen Absendern zu tun). Weiß der Kuckuck, wer der arme Oswald Muller ist und wer die bedauernswerte Else Meier, die derzeit bei zehntausenden von Mailboxbesitzern für angeekelte Gesichter sorgen. Es ist kein Trost, dass auch meine eigene Adresse längst auf solchen Listen ist und ich schon Spam-Mails von mir selbst bekommen habe.
Ach ja, Agathe Bauer. Noch so ein Namensklau-Opfer. In dem Fall habe ich aber nicht angewidert geguckt, sondern ziemlich amüsiert. Agathe Bauer heißt nämlich in Wahrheit ganz anders. Der Name steht für Songverhörer, also Textpassagen meist englischsprachiger Lieder, die sich anhören wie deutsche Worte. „Oma fiel ins Klo“ versteht man, wo der Schnulzensänger romantisch „oh my feelings glow“ schmachtet.
Der Berliner Radiosender 104.6 RTL hat eine ganze Sammlung Agathe-Bauer-Songs zusammengestellt. Die dazugehörige Geschichte steht hier. Agathe Bauer heißt also in Wirklichkeit „I’ve got the power“ und ist ein Song von SNAP!.
Irgendwie ist ein Spamversender – natürlich war es wieder ein Webcasino – an diesen symbolträchtigen Namen gelangt. Mal sehen, wann ich die erste Mail von Anneliese Braun kriege.